Müssen geduldete Überstunden entlohnt werden?

Müssen geduldete Überstunden entlohnt werden?

In der Praxis kommt es immer wieder vor, dass durch einen Arbeitnehmer Überstunden gemacht werden. Nach Angaben des Landesarbeitsgerichtes Berlin-Brandenburg werden in Deutschland jährlich fast 1 Milliarde Überstunden weder bezahlt noch durch Freizeit abgegolten. Dies entspreche mehr als 50 % aller geleisteten Überstunden in Deutschland

Von den geleisteten Überstunden hat dann auch meistens der Arbeitgeber Kenntnis. Dann ist auch davon auszugehen, dass der Arbeitgeber diese Überstunden duldet. In einem solchen Fall stellt sich dann immer wieder die Frage, ob der Arbeitgeber diese geduldeten Überstunden bezahlen muss. Damit beschäftigte sich nun das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg in seinem Urteil vom 28.06.2017 (Az.: 15 Sa 66/17).

Geklagt hatte ein Mitarbeiter der sein Arbeitsverhältnis gekündigt hat. Mit Ausscheiden aus dem Unternehmen forderte der Arbeitsnehmer seinen ehemaligen Arbeitsgeber auf, die noch mehr als 500 offenen Überstunden zu zahlen. Dies verweigerte der Arbeitsgeber.

In der ersten Instanz gewann noch der Arbeitsgeber, doch das Landesarbeitsgericht hob die erstinstanzliche Entscheidung auf und gab dem Arbeitnehmer recht. Das Landesarbeitsgericht verwies in dem Fall auf die ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Dieses geht in einem solchen Fall in zwei Schritten vor.

In einem ersten Schritt wurde geprüft, ob die Überstunden tatsächlich angefallen sind. Dafür war erforderlich, dass der klagende Arbeitsnehmer für jeden Tag aufführen konnte, wann er welche Überstunden geleistet hat. In einem zweiten Schritt wird dann geprüft, ob der Arbeitgeber die Überstunden veranlasst hat. Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn er diese angeordnet hat. Außerdem ist der Arbeitsgeber nach der Ansicht des Landesarbeitsgerichtes verpflichtet die Überstunden zu entlohnen, wenn er diese geduldet hat. Eine Duldung soll immer dann vorliegen, wenn der Arbeitsgeber von der Mehrarbeit weiß aber nicht dagegen unternimmt.

In diesem Fall gab es auch eine konkrete Regelung im Arbeitsvertrag, wie Überstunden vergütet werden sollen. Diese arbeitsvertragliche Regelung wird auch nicht deshalb gegenstandlos, weil alle Führungskräfte (wie der Kläger) Mehrarbeit leisten, ohne dafür eine gesonderte Vergütung zu erhalten.

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